Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsneubau: Anwendungsschreiben (endlich) veröffentlicht

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Vermieter

09 / 2020

Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsneubau: Anwendungsschreiben (endlich) veröffentlicht

von HVO GmbH

| Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 4.8.2019 wurde mit § 7b Einkommensteuergesetz (EStG) eine Sonderabschreibung eingeführt. Diese soll für private Investoren ein Anreiz sein, Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment zu schaffen. Knapp ein Jahr nach der Gesetzesverkündung wurde nun ein 30 Seiten starkes Anwendungsschreiben veröffentlicht. Zudem hat das Bundesfinanzministerium auf seiner Homepage ein Berechnungsschema zur Ermittlung des relevanten wirtschaftlichen Vorteils (Beihilfewert) sowie eine Checkliste zur Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen zur Verfügung gestellt. |

Allgemeine Voraussetzungen

Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung einer neuen Mietwohnung und in den folgenden drei Jahren können neben der „normalen“ Abschreibung bis zu 5 % Sonderabschreibungen geltend gemacht werden. Insgesamt können damit in den ersten vier Jahren bis zu 20 % zusätzlich zur regulären Abschreibung abgeschrieben werden.

Beachten Sie |
Im Fall der Anschaffung gilt eine Wohnung nur dann als neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird.

Gefördert werden nur Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellten Bauantrags oder falls eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige.

Sonderabschreibungen sind letztmalig in 2026 möglich. Ab 2027 sind Sonderabschreibungen auch dann nicht mehr zulässig, wenn der Begünstigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.

Es existieren zwei Kappungsgrenzen:

  • Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn die Anschaffungs-/Herstellungskosten 3.000 EUR pro qm Wohnfläche nicht übersteigen. Sind die Baukosten höher, führt dies zum Ausschluss der Förderung.
  • Steuerlich gefördert werden nur Kosten bis maximal 2.000 EUR pro qm Wohnfläche (= maximal förderfähige Bemessungsgrundlage).

Die Wohnung muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen. Werden für die Gebäudeüberlassung weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete gezahlt, ist die Nutzungsüberlassung nach der Gesetzesbegründung als unentgeltlich anzusehen.

PRAXISTIP

„Die Finanzverwaltung ist hier großzügiger und erlaubt eine Aufteilung: „Ist die Nutzungsüberlassung gemäß § 21 Abs. 2 EStG in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, so ist auch die Sonderabschreibung nach § 7b EStG im gleichen Verhältnis aufzuteilen …“ (Randziffer 33 des Schreibens).“

Werden die Voraussetzungen nicht erfüllt, müssen die Sonderabschreibungen rückgängig gemacht werden z. B., wenn die Baukostenobergrenze von 3.000 EUR innerhalb der ersten drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung durch nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten überschritten wird.

Antworten liefert das Anwendungsschreiben auch zu der Frage, welche Objekte begünstigt sind und wann es sich um eine neue Wohnung handelt.

Beihilferechtliche Voraussetzungen

Die Sonderabschreibung wird nur gewährt, wenn der nach der De-minimis-Verordnung maximal zulässige Beihilfehöchstbetrag von 200.000 EUR unter Einbeziehung des Beihilfewerts aus der Sonderabschreibung nicht überschritten wird (Einzelheiten enthält das Anwendungsschreiben ab der Randziffer 89).

Zur Ermittlung des Beihilfewerts aus der Sonderabschreibung kann das vom Bundesfinanzministerium bereitgestellte Excel-Berechnungsschema genutzt werden.

Quelle | BMF-Schreiben vom 7.7.2020, Az. IV C 3 – S 2197/19/10009 :008, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 216898; Gesetzesbegründung: BT-Drs. 19/4949 vom 12.10.2018

Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen: Ein Besteuerungs-Wahlrecht soll es hier nicht geben

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Unternehmer

07 / 2020

Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen: Ein Besteuerungs-Wahlrecht soll es hier nicht geben

von HVO GmbH

| Das für den Fall einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge geltende Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung und der nachgelagerten Besteuerung bei Zufluss der Rentenzahlungen findet bei einer Betriebsaufgabe keine Anwendung. Dies hat das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschieden. |

Hintergrund

Steuerpflichtige, die ihren Betrieb auf Rentenbasis veräußern, haben ein Wahlrecht:

  • Wählt der Veräußerer die Sofortbesteuerung, muss er den Veräußerungsgewinn unabhängig vom Zufluss der Rentenzahlungen bereits im Jahr des Verkaufs versteuern. Er kann aber eventuell von einem begünstigten Veräußerungsgewinn (Freibetrag und ermäßigter Steuersatz) profitieren.
  • Bei der Zuflussbesteuerung (nachgelagerte Besteuerung) entsteht erst dann ein Gewinn, wenn der Kapitalanteil der Rentenzahlungen das steuerliche Kapitalkonto des Veräußerers zuzüglich etwaiger Veräußerungskosten übersteigt. Der Vorteil der späteren Versteuerung hat aber den Nachteil, dass die oben genannten Begünstigungen ausscheiden.

MERKE

„Die Zuflussbesteuerung gilt nur für Bezüge, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers dienen.“

Die Entscheidung

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein hatte nun über einen Fall zu befinden, in dem die Steuerpflichtige wegen der Veräußerung ihres handwerklichen Betriebs gegen Zahlung einer lebenslangen Rente die nachgelagerte Besteuerung beanspruchte. Das Problem: Sie hatte eine wesentliche Betriebsgrundlage (das Betriebsgrundstück) in ihr Privatvermögen überführt, sodass keine Betriebsveräußerung, sondern eine Betriebsaufgabe vorlag und hierfür soll nur die Sofortbesteuerung in Betracht kommen.

Der Bundesfinanzhof hat das Wahlrecht zur nachgelagerten Besteuerung insbesondere damit begründet, dass bei einer Sofortbesteuerung der Rentenzahlungen ein zu hoher Gewinn versteuert wird, wenn der Rentenberechtigte früher stirbt als nach der statistischen Lebenserwartung zu erwarten wäre.

Dieses Risiko, so das Finanzgericht, trägt der Steuerpflichtige zwar auch bei einer Betriebsaufgabe gegen Rentenzahlungen. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung verfügt er aber regelmäßig über ausreichende Mittel, um die auf den Rentenbarwert entfallende Steuer begleichen zu können. Handelt es sich um eine Betriebsaufgabe wie im Streitfall, dann kann der Steuerpflichtige die Steuer auf den Aufgabegewinn durch Veräußerung der entnommenen Wirtschaftsgüter oder durch deren Verwendung als Sicherheiten für eine Darlehensaufnahme beschaffen.

In seiner Urteilsbegründung hatte das Finanzgericht zwar u. a. auch den Fall im Blick, dass die ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nicht ausreichen, um die erforderlichen Mittel für die Steuerzahlung zu beschaffen. Doch auch hier ist bei der Anwendung des Wahlrechts allein danach zu unterscheiden, ob eine Betriebsveräußerung oder eine Betriebsaufgabe vorliegt. Besonderheiten des Einzelfalls können nur in einem (gesonderten) Billigkeitsverfahren Berücksichtigung finden.

PRAXISTIPP |
Das Finanzgericht hatte die Revision zugelassen, weil die Anwendung des Wahlrechts zur nachgelagerten Besteuerung der Rentenzahlungen bei einer Betriebsaufgabe noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Da die Steuerpflichtige die Revision eingelegt hat, können vergleichbare Fälle über einen Einspruch vorerst offengehalten werden.

Quelle |  FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.1.2020, Az. 4 K 28/18, Rev. BFH Az. X R 6/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 215518; BFH-Urteil vom 20.1.1971, Az. I R 147/69

Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Unternehmer

07 / 2020

Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

von HVO GmbH

| Die FDP-Fraktion ist im Finanzausschuss des Bundestags mit einem Vorstoß zur Abschaffung der seit Anfang Januar geltenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen selbst bei kleinsten Einkäufen gescheitert. Somit bleibt auch die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen für Bäckereien bestehen. |

Hintergrund

Die Belegausgabepflicht muss derjenige befolgen, der Geschäftsvorfälle mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Abs. 1 der Abgabenordnung erfasst. Dies sind z. B. elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen. Wer also eine „offene Ladenkasse“ benutzt, ist von der Belegausgabepflicht nicht betroffen.

Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen von der Belegausgabepflicht befreien. Eine Befreiung kommt aber nur bei einer sachlichen oder persönlichen Härte für den Steuerpflichtigen in Betracht. Ob eine solche vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und von den Finanzbehörden vor Ort zu prüfen.

Quelle |  „Bon-Pflicht für Bäcker bleibt“, Finanzen/Ausschuss – 6.5.2020 (hib 472/2020); FAQ des BMF, unter www.iww.de/s3701

Brexit: Vorerst keine unmittelbaren Auswirkungen

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für alle Steuerpflichtigen

03 / 2020

Brexit: Vorerst keine unmittelbaren Auswirkungen

von HVO GmbH

| Seit 1.2.2020 ist der Brexit Realität: Das Vereinigte Königreich ist nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Für Bürger und Unternehmen ändert sich aber erstmal nichts, da zunächst bis Ende 2020 eine Übergangsphase läuft, in der das EU-Recht im und für das Vereinigte Königreich grundsätzlich weiterhin gilt, jedoch ohne britisches Mitbestimmungsrecht in den EU-Institutionen. Das Vereinigte Königreich bleibt in dieser Zeit auch Teil des EU-Binnenmarktes und der EU-Zollunion. |

 

Das Bundesfinanzministerium hat auf einer Themenseite (unter www.iww.de/s3297) finanzpolitische Informationen zu den Themen Finanzmarkt, Zoll, Haushalt und Steuern aufgeführt.