Mehrere Minijobs gleichzeitig: Diese Spielregeln sind einzuhalten

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Arbeitgeber

06/2024

Mehrere Minijobs gleichzeitig: Diese Spielregeln sind einzuhalten

von HVO GmbH

| Grundsätzlich können mehrere Minijobs gleichzeitig ausgeübt werden. Dabei sind jedoch einige Spielregeln zu beachten. Welche das sind, hat die Minijob-Zentrale zusammengestellt. |

Haben Arbeitnehmer keine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, dann können sie mehrere Minijobs gleichzeitig ausüben. Die Summe aller Verdienste darf allerdings die Geringfügigkeitsgrenze (seit 1.1.2024: 538 EUR im Monat) nicht überschreiten.

Beachten Sie | Liegt der Verdienst mehrerer Minijobs zusammengerechnet über 538 EUR, werden alle Jobs sozialversicherungspflichtig. Die Folge: Alle Arbeitgeber müssen die Beschäftigungen nun bei der gesetzlichen Krankenkasse sozialversicherungspflichtig anmelden. Bei der Minijob-Zentrale gemeldete Beschäftigungen sind abzumelden.

Merke!

Arbeitnehmer mit einer sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung dürfen nur einen Minijob mit Verdienstgrenze ausüben. Kommen weitere Beschäftigungen hinzu, ist die zeitliche Reihenfolge entscheidend. Nur der erste Minijob bleibt bei der Minijob-Zentrale als Minijob gemeldet. Alle weiteren Minijobs müssen unabhängig von der Höhe des Verdienstes als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur gesetzlichen Krankenkasse gemeldet werden.

Beachten Sie | Arbeitgeber können zum Beispiel mit einem Personalfragebogen erfragen, ob ihre Beschäftigten bereits weitere Jobs ausüben. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sie sich zudem, Änderungen mitzuteilen.

Quelle | Minijob-Zentrale vom 3.4.2024: „Mehrere Minijobs: Die wichtigsten Infos für Arbeitgeber & Beschäftigte“, unter www.iww.de/s10796

Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags löst keine Einkommensteuer aus

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für alle Steuerpflichtigen

06/2024

Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags löst keine Einkommensteuer aus

von HVO GmbH

| Der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf löst keine Einkommensteuer aus. Diese frohe Kunde kommt vom Bundesfinanzhof. |

Sachverhalt

Ehegatten schlossen 2008 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie ab. 2016 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Auf der Grundlage eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank an die Eheleute Nutzungsersatz für bis zum Widerruf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen i. H. von 14.500 EUR. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz als Einkünfte aus Kapitalvermögen allerdings zu Unrecht, wie nun der Bundesfinanzhof entschieden hat.

Der Nutzungsersatz ist kein Kapitalertrag i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Vertrags vollzieht sich außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre. Das Rückgewährschuldverhältnis ist ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Daher können die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auch nicht für sich betrachtet i. S. einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein.

Beachten Sie | Es liegen auch keine sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) vor.

MERKE | Die Entscheidung betrifft „alte“ Verbraucherdarlehensverträge. Der mit der Reform des Verbraucherschutzrechts in das BGB eingefügte § 357a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. (jetzt § 357b BGB) hat u. a. den Anspruch des Darlehensnehmers auf Nutzungsersatz für die Zukunft beseitigt. Die neue Rechtslage ist auf nach dem 12.6.2014 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge anwendbar.

Quelle | BFH-Urteil vom 7.11.2023, Az. VIII R 7/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240444; BFH, PM Nr. 16/24 vom 21.3.2024

Ohne Zuwendungswillen gibt es keine verdeckte Gewinnausschüttung

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für GmbH-Gesellschafter

06/2024

Ohne Zuwendungswillen gibt es keine verdeckte Gewinnausschüttung

von HVO GmbH

| Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus und ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es insoweit maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen ist, nicht hingegen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. |

Hintergrund: Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.

Sachverhalt

Geklagt hatte eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin u. a. durch die Einbringung einer Beteiligung von 100 % an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine vGA der GmbH an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Dagegen argumentierte die GmbH, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich wegen eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein wies die Klage ab, weil einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter der von der GmbH dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre. Der Bundesfinanzhof hat nun aber klargestellt, dass es für die Frage, ob der für die Annahme einer vGA erforderliche Zuwendungswille vorliegt, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt. Er verwies den Streitfall deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurück.

MERKE | In seiner Urteilsbegründung zum Vorliegen einer vGA führt der Bundesfinanzhof aber auch Folgendes aus: Der handelnde Gesellschafter muss nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen. Vielmehr genügt in aller Regel ein persönlich zurechenbares Handeln.

Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, da es zur Annahme einer vGA so wie bei einer offenen Gewinnausschüttung eines Zuwendungswillens bedarf.

Quelle | BFH-Urteil vom 22.11.2023, Az. I R 9/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240822; BFH, PM Nr. 20/24 vom 11.4.2024

Daten für den Monat Juli 2024 Steuertermine/Beiträge Sozialversicherung/Verbraucherpreisindex

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Daten und Termine

06 / 2024

Daten für den Monat Juli 2024 Steuertermine/Beiträge Sozialversicherung/Verbraucherpreisindex

von HVO GmbH

Steuertermine

Fälligkeit:

  • USt, LSt = 10.7.2024

Überweisungen (Zahlungsschonfrist):

  • USt, LSt = 15.7.2024

Scheckzahlungen:

Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen!

Beiträge Sozialversicherung

Fälligkeit Beiträge 7/2024 = 29.7.2024

Verbraucherpreisindex

(Veränderung gegenüber Vorjahr)

04/23

09/23

12/23

04/24

+ 7,6 %

+ 4,3%

+ 3,8%

+ 2,4%

Finanzverwaltung lockert Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Unternehmer

06/2024

Finanzverwaltung lockert Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher

von HVO GmbH

| Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als das Umsatzsteuergesetz (UStG) hierfür vorsieht, schuldet er auch den Mehrbetrag (unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG). Bei dieser „Strafsteuer“ gab es bislang eine strenge Auslegung. Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat sich das aber nun geändert und das Bundesfinanzministerium zeigt sich in einem aktuellen Schreiben großzügiger. |

Bislang bestand eine Steuerschuld nach § 14c UStG unabhängig davon, ob der falsch ausgewiesene Steuerbetrag auch als Vorsteuer absetzbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Fall mit einem falschen Steuersatz aber entschieden, dass ein Steuerpflichtiger den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Das Bundesfinanzministerium hat hierauf nun reagiert: Es entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG, wenn ein Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat.

Auch § 14c Abs. 2 S. 1 UStG (unberechtigter Steuerausweis) soll entfallen, wenn ein Kleinunternehmer eine Leistung ausgeführt und eine Rechnung mit einem Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat. Auf andere Fälle des § 14c Abs. 2 UStG (z. B. bei Scheinrechnungen) soll die einschränkende Auslegung aber nicht anzuwenden sein.

MERKE | Die Tatsache, dass die Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt worden ist, stellt eine den Steueranspruch einschränkende Tatsache dar, die durch den Unternehmer glaubhaft darzulegen bzw. plausibel zu begründen ist.

Zu den Endverbrauchern zählt die Verwaltung insbesondere Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln (insbesondere Unternehmer bei Leistungsbezug für ihren privaten Bereich oder für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne).

In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die vorgenannten Grundsätze nur bezüglich der Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden. Es kann weder eine Schätzung noch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Ähnliches erfolgen.

Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat, kann die Art der Leistung berücksichtigt werden. Zu Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Gebrauch bestimmt sind, verweist das Bundesfinanzministerium auf seine Weisungen zu § 3a Abs. 1 UStG („Ort der sonstigen Leistung“). Dieser Leistungskatalog ist aber unbeachtlich, sofern im Einzelfall feststeht, dass die Leistung nicht an einen Endverbraucher erbracht wurde.

Ist bei einer Rechnung an Endverbraucher keine „§ 14c Steuer“ entstanden, ist aus Umsatzsteuersicht keine Rechnungsberichtigung mehr erforderlich.

MERKE | Nach Meinung der Finanzverwaltung ist es für die Steuerschuld nach § 14c UStG nicht ausschlaggebend, ob und ggf. inwieweit tatsächlich ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden ist. Daher entsteht die Steuer auch, wenn die Rechnung z. B. an einen Kleinunternehmer oder einen Unternehmer mit Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen, erteilt worden ist. Denn auch in diesen Fällen ist ein Vorsteuerabzug (z. B. durch eine spätere Option zur Steuerpflicht) nicht gänzlich ausgeschlossen. Das hat das Finanzgericht Köln aber jüngst anders entschieden. Da die Revision anhängig ist, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Quelle | BMF-Schreiben vom 27.2.2024, Az. III C 2 – S 7282/19/10001 :002, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 240327; FG Köln, Urteil vom 25.7.2023, Az. 8 K 2452/21, Rev. BFH: Az. V R 16/23

Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für alle Steuerpflichtigen

06/2024

Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024

von HVO GmbH

| Gerade erst wurde das Wachstumschancengesetz verkündet (BGBl I 2024, Nr. 108), da wirft schon das Jahressteuergesetz 2024 seine Schatten voraus. Der 240 Seiten starke (inoffizielle) Referentenentwurf (Stand: 27.3.2024) stellt ein sehr frühes Stadium im Gesetzgebungsverfahren dar, sodass noch einige Anpassungen erfolgen werden. Daher erfolgt nur ein kurzer Überblick über einige geplante Änderungen.|

Werden dem Arbeitnehmer (zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn) Leistungen aus einem Mobilitätsbudget bis zu 2.400 EUR p. a. gewährt, sollen Arbeitgeber eine Pauschalbesteuerung (25 %) vornehmen können. Mobilitätsbudget ist das dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Angebot zur Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen (z. B. E-Scooter). Da die kurzfristige und gelegentliche Bereitstellung verschiedener Mobilitätsformen im Fokus steht, ist die Möglichkeit zur dauerhaften Nutzung von Kraftfahrzeugen (z. B. auf Dauer ausgelegte Mietwagen-Modelle) vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.

Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG): Die zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister soll von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden. Es soll klargestellt werden, dass

  • auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten (aber ohne Wohneinheiten) Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind und
  • es sich um eine Freigrenze handelt.

§ 19 Umsatzsteuergesetz: Bei der Kleinunternehmerregelung sind etliche Änderungen geplant u. a. Erhöhung der Umsatzgrenzen von 22.000 EUR im vorangegangenen Jahr auf 25.000 EUR und im laufenden Jahr von 50.000 EUR auf 100.000 EUR (bei Überschreiten der 100.000 EUR: keine Kleinunternehmerregelung mehr ab diesem Zeitpunkt).

Es soll eine neue Rechnungspflichtangabe eingeführt werden, wenn der Aussteller der Ist-Versteuerung unterliegt. Für den Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs soll unterschieden werden, ob sich dieser aus der Rechnung eines Soll-Versteuerers, eines Ist-Versteuerers oder aus einer Anzahlungsrechnung ergibt.

 

Steuerliche Nachteile beim Berliner Testament

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für alle Steuerpflichtigen

06/2024

Steuerliche Nachteile beim Berliner Testament

von HVO GmbH

| Beim Berliner Testament setzen sich Ehegatten für den ersten Erbfall gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen die Kinder als Schlusserben (z. B. zu gleichen Teilen). Ziel ist die gerechte Verteilung des Nachlasses zwischen den Kindern, jedoch zunächst die Versorgung des überlebenden Ehegatten. Die Kinder können das Konstrukt jedoch dadurch aus den Angeln heben, dass sie beim Tod des Erstversterbenden ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen. Um dies zu verhindern, kann eine Strafklausel aufgenommen werden, z. B. die Jastrowsche Klausel. Über einen solchen Fall hatte nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden. Das Urteil zeigt, dass derartige Regelungen zumindest aus erbschaftsteuerlicher Sicht nachteilig sein können. |

Sachverhalt

Die Eltern der Klägerin (K) setzten sich gegenseitig als Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die K und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt.

 

Zudem enthielt das Berliner Testament eine Jastrowsche Klausel. Diese regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten bei Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Die enterbten Geschwister der K machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die K erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, das mit dem Tod der Mutter fällig wurde.

 

Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der K Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Das Vermächtnis rechnete es weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht. Die K war hingegen der Ansicht, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Dies sah der Bundesfinanzhof aber anders.

Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert (einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war) auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht abziehen, weil sie diese Schuld mangels Fälligkeit nicht zu begleichen hatte.

Nach dem Tod der Mutter hatte die K das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der K daher nur einmal der Besteuerung.

MERKE | Dass hinsichtlich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der K nach dem Tod der Mutter ist zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht aber nicht zu beanstanden. Es liegt, so der Bundesfinanzhof, an der Jastrowschen Klausel, die das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

Kurzum: Wer ein Berliner Testament aufsetzen möchte, sollte nicht nur die zivilrechtlichen Aspekte, sondern auch die erbschaftsteuerlichen Folgen bedenken.

Quelle | BFH-Urteil vom 11.10.2023, Az. II R 34/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 239990; BFH, PM Nr. 11/24 vom 27.2.2024

Steuertipps für Familien

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für alle Steuerpflichtigen

06/2024

Steuertipps für Familien

von HVO GmbH

| Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat seinen Ratgeber „Steuertipps für Familien“ neu aufgelegt (Publikationsdatum: 1/2024). Der Ratgeber gibt u. a. einen Überblick über die Steuervergünstigungen für Familien und Alleinerziehende und kann unter www.iww.de/s10532 heruntergeladen werden. |