Bundesfinanzhof lässt Vorsteuerabzug für die Renovierung eines Home-Office teilweise zu

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Unternehmer

09 / 2020

Bundesfinanzhof lässt Vorsteuerabzug für die Renovierung eines Home-Office teilweise zu

von HVO GmbH

| Vermietet ein Arbeitnehmer eine Einliegerwohnung als Home-Office an seinen Arbeitgeber für dessen unternehmerische Zwecke, kann er grundsätzlich die ihm für Renovierungsaufwendungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer steuermindernd geltend machen. Ausgeschlossen sind nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs jedoch die Aufwendungen für ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer. |

SACHVERHALT

Eheleute vermieteten eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC als Home-Office des Ehemanns umsatzsteuerpflichtig an dessen Arbeitgeber. Die für eine Renovierung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machten sie als Vorsteuer geltend. Die Aufwendungen für das Badezimmer ordnete das Finanzamt indes dem privaten Bereich zu und erkannte die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge nicht an. Das Finanzgericht Köln gab der hiergegen gerichteten Klage nur insoweit statt, als es um die Aufwendungen für die Sanitäreinrichtung (insbesondere Toilette und Waschbecken) ging. In der Revision begehrten die Eheleute dann einen weitergehenden Vorsteuerabzug, den der Bundesfinanzhof jedoch ablehnte.

Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber vermieteten Home-Office berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, soweit es beruflich genutzt wird. Bei einer Bürotätigkeit kann sich die berufliche Nutzung auch auf einen Sanitärraum erstrecken, nicht jedoch auf ein mit Dusche und Badewanne ausgestattetes Badezimmer.

Quelle | BFH-Urteil vom 7.5.2020, Az. V R 1/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 217134; BFH, PM Nr. 30/20 vom 30.7.2020

Umsatzsteuer: Übernommene Umzugskosten durch den Arbeitgeber

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Für Unternehmer

08 / 2020

Übertragung des Betreuungsfreibetrags für Kinder:
Betreuungsanteil von 10 % reicht für Widerspruch aus

von HVO GmbH

| Übernimmt ein Unternehmen die Umzugskosten seiner Arbeitnehmer wegen einer konzerninternen Funktionsverlagerung aus dem Ausland in das Inland, ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ein Vorsteuerabzug möglich, wenn ein übergeordnetes betriebliches Interesse an dem Umzug besteht. Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil nun reagiert und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) insoweit angepasst. |

Nicht steuerbare Leistungen liegen vor, wenn betrieblich veranlasste Maßnahmen zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben, diese Folge aber durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert wird. Nach dem neuen Abschnitt 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 12 UStAE gehört hierzu nun auch die Übernahme von Umzugskosten durch den Arbeitgeber für die hiervon begünstigten Arbeitnehmer, wenn die Kostenübernahme im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt.

MERKE

Auch bei einem dominierenden Arbeitgeberinteresse ist ein Vorsteuerabzug regelmäßig nur dann zulässig, wenn die umzugsbezogenen Leistungen vom Arbeitgeber selbst und für eigene Rechnung beauftragt wurden. Der Arbeitgeber muss also der vertragliche Leistungsempfänger der umzugsbezogenen Leistungen sein (vgl. Abschnitt 15.2b Abs. 1 UStAE).

Quelle |  BMF-Schreiben vom 3.6.2020, Az. III C 2 – S 7100/19/10001 :015, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 216007; BFH-Urteil vom 6.6.2019, Az. V R 18/18

Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

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Für Unternehmer

07 / 2020

Bon-Pflicht für Bäcker bleibt bestehen

von HVO GmbH

| Die FDP-Fraktion ist im Finanzausschuss des Bundestags mit einem Vorstoß zur Abschaffung der seit Anfang Januar geltenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen selbst bei kleinsten Einkäufen gescheitert. Somit bleibt auch die Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen für Bäckereien bestehen. |

Hintergrund

Die Belegausgabepflicht muss derjenige befolgen, der Geschäftsvorfälle mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Abs. 1 der Abgabenordnung erfasst. Dies sind z. B. elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen. Wer also eine „offene Ladenkasse“ benutzt, ist von der Belegausgabepflicht nicht betroffen.

Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen von der Belegausgabepflicht befreien. Eine Befreiung kommt aber nur bei einer sachlichen oder persönlichen Härte für den Steuerpflichtigen in Betracht. Ob eine solche vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und von den Finanzbehörden vor Ort zu prüfen.

Quelle |  „Bon-Pflicht für Bäcker bleibt“, Finanzen/Ausschuss – 6.5.2020 (hib 472/2020); FAQ des BMF, unter www.iww.de/s3701

Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

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Für Unternehmer

06 / 2020

Voraussetzungen für eine steuerbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

von HVO GmbH

| Eine tarif- bzw. steuerbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis setzt u. a. voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist nach einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs auch keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten. |

Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere zu berücksichtigen:

  • die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis,
  • die Vergleichbarkeit der Betätigungen,
  • die Art und Struktur der Mandate sowie
  • die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts.

Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum, der zwischen der Veräußerung der Praxis und der Wiederaufnahme der selbstständigen Tätigkeit liegen muss, von etwa zwei bis drei Jahren ausreichend sein.

Es ist grundsätzlich unschädlich, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit ist zulässig. Denn der Bundesfinanzhof hat bereits 1991 entschieden, dass die Fortführung einer freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang unschädlich ist, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten.

MERKE |
Eine geringfügige Tätigkeit des Veräußerers ist nach Meinung des Bundesfinanzhofs auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst.

Das Bundesfinanzministerium hat hier allerdings eine andere Sichtweise: Die Hinzugewinnung neuer Mandate/Patienten innerhalb der „gewissen Zeit“ nach der Betriebsaufgabe ist auch ohne Überschreiten der 10 %-Grenze in jedem Fall schädlich, da eine Betriebsaufgabe dann tatsächlich nicht stattgefunden hat.

Quelle | BFH, Beschluss vom 11.2.2020, Az. VIII B 131/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 214598; BFH-Urteil vom 7.11.1991, Az. IV R 14/90; BMF-Schreiben vom 28.7.2003, Az. IV A 6 S 2242 4/03

Vorsteuervergütungsverfahren: Anträge bis 30.9.2020 stellen

Aktuelles aus der Gesetzgebung und Rechtsprechung

Für Unternehmer

06 / 2020

Vorsteuervergütungsverfahren: Anträge bis 30.9.2020 stellen

von HVO GmbH

| Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern unter bestimmten Bedingungen die dort gezahlte Umsatzsteuer.

Ist der Unternehmer im Ausland für umsatzsteuerliche Zwecke nicht registriert, kann er die Beträge durch das Vorsteuervergütungsverfahren geltend machen. Die Anträge für 2019 sind bis zum 30.9.2020 über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern zu stellen. Weitere Einzelheiten erfahren Sie unter www.iww.de/s3640. |

Vorsteuerabzug: Frist für Zuordnungsentscheidung steht auf dem Prüfstand

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Für Unternehmer

03 / 2020

Vorsteuerabzug: Frist für Zuordnungsentscheidung steht auf dem Prüfstand

von HVO GmbH

| Der Vorsteuerabzug bei nicht nur unternehmerisch genutzten Gegenständen
(z. B. Fotovoltaikanlagen) erfordert eine zeitnahe Zuordnung zum Unternehmensvermögen. Wurde die Zuordnung bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht dokumentiert, ist sie spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen (31.7. des Folgejahres) gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen verlängern die Dokumentationsfrist nicht. An dieser Ausschlussfrist hat der Bundesfinanzhof nun aber Zweifel geäußert. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger, der einen Gerüstbaubetrieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 150 qm, wovon auf ein Zimmer („Arbeiten“) ca. 17 qm entfielen (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28.9.2016 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015 (nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen) machte der Steuerpflichtige für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen.

Nach den vom Bundesfinanzhof entwickelten Kriterien zur Zuordnungsentscheidung wäre die Sichtweise der Finanzverwaltung zutreffend.

 

Der Bundesfinanzhof hat aber nun Zweifel geäußert, ob diese Sichtweise mit dem Unionsrecht in Einklang steht und hat dem Europäischen Gerichtshof im Kern zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 

  • Darf ein Mitgliedstaat eine Ausschlussfrist für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorsehen?
  • Welche Rechtsfolgen hat eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung?

Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof die restriktive deutsche Sichtweise ablehnt, macht ein Urteil aus 2018, in dem es um einen Fall aus Polen ging. Insbesondere folgende Passage ist von Bedeutung:

„Auch wenn eine eindeutige und ausdrückliche Bekundung der Absicht, den Gegenstand bei seinem Erwerb einer wirtschaftlichen Verwendung zuzuordnen, ausreichend sein kann, um den Schluss zu ziehen, dass der Gegenstand von dem als solchem handelnden Steuerpflichtigen erworben wurde, schließt doch das Fehlen einer solchen Erklärung nicht aus, dass diese Absicht implizit zum Ausdruck kommen kann.“

Beachten Sie |

In einem weiteren Verfahren, das den Erwerb einer Fotovoltaikanlage durch einen Privatmann betrifft, hat der Bundesfinanzhof ebenfalls den Europäischen Gerichtshof angerufen.

Quelle | BFH, Beschluss vom 18.9.2019, Az. XI R 3/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 213869; BFH, Beschluss vom 18.9.2019, Az. XI R 7/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 213872; BFH, PM Nr. 5 vom 30.1.2020; EuGH-Urteil vom 25.7.2018, Rs. C-140/17, „Gmina Ryjewo“